Mr. Titleist erzählt Teil I
Abdruck aus Travel & Leisure Golf
Wally Uihlein
Wally Uihlein kam 1976 als Außendienstmitarbeiter zu Titleist Golf und stieg im Unternehmen schnell bis in die Führungsetage auf. 2000 wurde er zum Chairman und CEO gewählt. Die PGA of America verlieh Uihlein kürzlich den “PGA Distinguished Service Award 2005”. Anlässlich dieser Gelegenheit unterhielten wir uns mit ihm über den Stand des Golfspiels heute.
Sie sind seit mehr als 30 Jahren in der Golfindustrie. Was hat sich in dieser Zeit am meisten verändert?
Die hauptsächliche Veränderung war der Zuwachs im Golfsport in der Zeit nach Eisenhower und drei Faktoren waren daran wesentlich beteiligt: Eine wachsende Mittelschicht, die sich das Golf nun leisten konnte; eine steigende Zahl von Anlagen; und natürlich mehr Golflehrer, einhergehend vor allem auch mit dem Wachsen der PGA. Und dann hat Golf außerdem ungemein an Attraktivität und Zulauf durch die Tatsache gewonnen, dass es zu einer der fünf wichtigsten Sportarten in punkto Zuschauerunterhaltung wurde. Die Generation der “Baby Boomers” wuchs mit Shows wie “All-Star Golf”, “Shell’s Wonderful World of Golf” oder “CBS Golf Classic” auf. Diese Unterhaltungssendungen wurden ergänzt durch wöchentliche Golf-Sendungen und tägliche Golfübertragungen rund um die Uhr. Und schließlich hat auch die Weiterentwicklung der Technik zur wachsenden Beliebtheit des Golfsports beigetragen. So haben Schläger, die spielunterstützend wirken, oder Metallhölzer und Golfbälle, die länger halten, dazu beigetragen, die Kosten für die Ausrüstung im Rahmen zu halten und das Spiel zu demokratisieren.
Dennoch gibt es aber Leute, die sagen, die Technik hätte das Spiel von weg entwickelt von dem, was es ursprünglich sein sollte.
Diskussionen über Ausgewogenheit zwischen Technik und Tradition sind so alt wie das Spiel selbst. Man kann daher ins Feld führen, dass die Neuentwicklungen von gestern die Tradition von heute sind. Eines der besten und bekanntesten Beispiele dafür, wie tief diese Debatte wurzelt und wie erbittert sie schon in der Vergangenheit geführt wurde, ist das Zerwürfnis zu dem es 1849 zwischen Allan Robertson und Old Tom Morris 1849 kam. Old Tom setzte auf Fortschritt begann den neu vorgestellten Guttapercha-Ball zu spielen. Der aber bedeutete gleichzeitig, dass Aus für die von Robertson in 100-jähriger Familientradition gefertigten Featheries, die nun überholt waren. In jeder Zeit gibt es solche, die sich der Weiterentwicklung widersetzen und andere, die den Fortschritt annehmen. Heutzutage spielen 50 Million Golfer 900 Million Runden auf rund 25.000 Golfplätzen rund um den Globus. Oder anders: Golf ist heute sagenhaft populär und auch ein großes Geschäft.
Würden Sie zustimmen, dass das Profi-Golf heute viel mehr von Athletik bestimmt wird als noch vor 20 Jahren?
Daran besteht kein Zweifel. Im Profi-Golf hat in den vergangen zwei Jahrzehnten ein Paradigmenwandel stattgefunden. Die athletischen Spieler heute erzeugen Schlägerkopfgeschwindigkeiten jenseits von 115–120 mph, sie lassen den Ball steil starten, geben ihm wenig Spin, lassen ihn weit fliegen und tief im Fairway landen. In den vergangenen zehn Jahren ist die durchschnittliche Schlägerkopfgeschwindigkeit auf der PGA Tour um 6% gestiegen – und zwar vor dem Treffen des Balls gemessen, das sagen uns zumindest die Daten unseres Launch-Monitors.
Es ist kein Zufall, dass die meisten dieser Kraftpakete besonders durchtrainiert sind und zu den körperlich Fittesten auf der Tour gehören. Im Golf ist vieles wie im richtigen Leben. Aus Konkurrenz erwächst bessere Leistung. Lassen Sie uns außerdem nicht vergessen, dass die PGA Tour als Veranstaltung auch die größte kommerzielle Erfolgsstory der Industrie ist: mehr Geld für die Spieler, mehr Geld, das in Wohltätigkeitsveranstaltungen fließt, mehr Geld, das die Spieler Steuern zahlen. Für mich klingt das wie eine „Win-Win-Win“-Situation, von der letztlich alle profitieren. Die PGA-Tour-Platzierungen sind die entscheidende Bezugsgröße, und die Talentförderung über die Qualifikations-Touren und auch über die Amateur-Platzierungen ist größer und tiefer denn je. Sollte das Profi-Golf in irgendeiner Weise Schaden aufgrund neuer technischer Entwicklung Schaden nehmen, so wäre dies in irgendeiner Form statistisch zu belegen.
Lesen Sie auch „Gedanken zum Power Game - Mr. Titleist erzählt“ Teil II
Abdruck aus T&L Golf, 2005.