Technologie: Aerodynamik: Page 2
Technik - Neuzeit oder Steinzeit?
Man möchte glauben, die bahnbrechenden technologischen Entwicklungen hätten erst stattgefunden, nachdem man herausgefunden hat wie man aus Strandsand Mikrochips herstellt. Aber wenn es eine so lange Geschichte gibt wie beim Golf, dann müssen die Weichen schon viel früher einmal richtig gestellt worden sein, sonst hätte es nie so lange überlebt. Und genau dies mag wohl mit dem Featherie Golfball passiert sein, der unter den Holländern seine Blüte erlebte und ursprünglich auf eine Technik zur Ballherstellung aus dem alten Rom zurück geht. Man stopfte einen Hut voll nasser Federn in einen ein-ein-halb Zoll großen, ebenfalls nassen Lederbeutel, nähte ihn zu und ließ ihn trocknen. Die Federn dehnten sich aus, das Leder schrumpfte – so entstand ein Ball, der so hart war wie... ja wie ein Golfball. Und der ein recht widerstandsfähiges und haltbaren Geschoss darstellte, vor allem im Vergleich zu den vorher benutzten Holz(!)bällen.
Der Featherie bewährte sich außerordentlich gut auf den Linksplätzen wie ein Rekorddrive von 1836 von 361 Yards, erzielt von Samuel Messieux auf dem Old Course in St. Andrews, eindrucksvoll dokumentiert. Sicher, es war nur Leder und Vogelhaar, aber es war dennoch ein Quantensprung, eine Art Transistor bei Golfbällen. Mehr als 400 Jahre lang war dies der Ball der Wahl - wenn man ihn sich denn leisten konnte. Es waren denn schließlich auch die extravagant hohen Kosten, die diesem Modell den Untergang bescherten. (Die besten Ballhersteller konnten nur maximal vier solcher Bälle an einem Tag fertigen). Endgültig verschwand er als um 1850 der viel günstigere „Guttie" auftauchte.
Blindes Genie
Dieser neue Ball war aus einem Block Guttapercha, einem natürlichen Gummi aus Malaysien gemacht. Daraus ließ sich nicht nur ein billiger und haltbarer Golfball machen, er war auch noch lebendiger, runder und weicher in der Form, ohne diese hässlichen Nähte. Doch unglücklicher- und auch unerklärlicherweise konnte der Guttie dem Featherie in seiner Leistung nicht das Wasser reichen. Er krepierte förmlich in der Luft, drehte sich unvorhergesehen und die Schläge fielen im Vergleich zum alten Federbeutel eher kurz aus.
Aber die passionierten Hacker merkten schnell, dass je mehr sie auf den Ball eindroschen und je mehr Kratzer und Narben er infolge dessen hatte, er umso weiter und gerader flog. Worauf also warten! Neue Gutties wurden alsbald frisch aus der Box noch vor dem ersten Schlag gnadenlos zurecht gehämmert. Die Aerodynamik von Golfbällen war entdeckt, wenn auch vielleicht noch nicht verstanden. 400 Jahre lang hatte niemand vermutet, dass der Featherie seinen anmutigen Flug seinen hässlichen Nähten verdankte, die wie die Narben eines altgedienten Gutties aussahen.
Siehe da, die Dimple
Jeden neuen Guttie aufs Neue zu bearbeiten, muss recht unbequem gewesen sein, und auch recht wenig konsistent. Kein Wunder also – und zu dieser Erkenntnis brauchte es nun wirklich keinen Raketen-Wissenschaftler -, dass man auf die Idee kam, es wäre ein Marketingvorteil, einen von vorn herein gehämmerten Ball anzubieten. Zum Jahrhundertwechsel wurden Gutties mit ganz verschiedenen Rillen, Augen, Beulen, Dellen, und Blasen angeboten. Natürlich die Gesetze der Aerodynamik waren zu dieser Zeit noch recht wenig erhellt, so dass die Designs eher kunstvoll waren denn wissenschaftlichen Erkenntnissen folgten. Aber sie waren jedenfalls bei weitem besser als glatte Oberflächen. Aus diesem Feld kristallisierte sich als klarer Sieger ein Design heraus, das man das „Bramble"- (Brombeer)- Muster nannte. Es zeigte Oberflächen mit Arealen von dicht gepackten Wölbungen, ähnlich denen von Himbeeren.
Auch heute noch würden wir Golfbälle benutzen, deren Dimplemuster dem von Früchten ähnelt, wenn es nicht den englischen Ingeniuer William Taylor gegeben hätte. 1908 erhielt er unter anderem ein Patent auf ein Beeren-Muster, das praktisch die Negativform darstellte, das heißt nicht Erhebungen aufwies, sondern Vertiefungen, die sich darüber hinaus gleichmäßig über den Ball verteilten. Das war das Patent für die ersten Dimple. Und im Gegensatz zu vielen anderen Konfigurationen erwiesen sich die Dimple gleichermaßen aerodynamisch wie kosmetisch wirkungsvoll – ihnen gehörte der Markt um 1930. Und abgesehen von einigen Irrläufern war und ist der runde Dimple Standard seitdem.